Schwöbels Wache. Kritische Blicke auf die Fragen der Zeit. Heureka-Schriftenreihe, 56 Seiten, € 10,– (einschl. Versand). Leseprobe.
Wir
schaffen das! So ermutigte das Kaninchen die Schlange und erstarrte. Erstarrte vor
Angst, die es gleichzeitig als große Erleichterung erlebte; denn es musste
nichts mehr entscheiden oder tun, nicht mal mehr wegrennen, obschon das noch
möglich gewesen wäre. In der Obhut von Mütterchen Angst, entspannte sich das
Kaninchen. Es musste sich nur noch dem Abänderlichen ergeben. Die Schlange
züngelte beifällig und schlängelte in ihrer Muttersprache – einer Körpersprache
– die Volksweisheit: Liebe geht durch den Maaagen.
Dann standen
Kaninchen und Schlange einander bei, bis der animalische Imperativ erfüllt war.
Als sie es geschafft hatten – jeder auf seine Weise – ruhten sie unter einer
Akazie. Die Schlange ruhte in sich. Das Kaninchen ruhte in ihr.
Die Zuhörer auf dem
Alten Markt von Karramesch hingen dem weisen Erzähler an den Lippen. Seine
Stimme hypnotisierte sie. Sie begannen zu harren und ins dunkle Licht der Nacht
zu starren, bis ihnen der Philosoph Sokrates
erschien und sprach: »Niemand kennt den Tod. Es weiß
auch keiner, ob er nicht das größte Geschenk für den Menschen ist. Dennoch wird
er gefürchtet, als wäre es gewiss, dass er das Schlimmste aller Übel sei.«
Da fürchteten sich die Hörer, Harrer und stillen Starrer und
frugen: Warum vom Tode reden, wo doch gerade Knospen springen? Da entgegnete
der Alte: Wenn Ihr Antworten ernten wollt, müsst Ihr Fragen säen. Die Früchte
dürfen Euch als geistige Nahrung dienen. Die besten Antworten aber müsst Ihr
wieder als Fragen in die Erde legen und in den Himmel säen. Damit Antworten
reifen, die Ihr ernten und wieder als Fragen säen könnt. Dies, sagte der Alte,
ist der einzige Weg, wirklich reich zu werden: Sät Fragen, erntet Antworten.
Sät Antworten, erntet Fragen.